Dr. Jana Moser im Gespräch: „Datenschutz wird zukünftig über den Erfolg von Unternehmen entscheiden“

Die Themen Datenschutz und der verantwortungsvolle Umgang mit personenbezogenen Informationen gewinnen vor dem Hintergrund der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und der ePrivacy-Verordnung (ePVO) immer mehr an Bedeutung. Dr. Jana Moser ist als Juristin auf Digitalisierung und Datenschutz spezialisiert. Im Media-Lounge-Interview sprach sie über digitale Aufklärung, die DSGVO und darüber, wie sie ihre eigenen Daten schützt.


© Annette Koroll / Dr. Jana Moser

Frau Dr. Moser, Sie sind Expertin für Digitalisierung und Datenschutz. Was reizt Sie an diesen Themen?

Über jeden von uns gibt es eine Vielzahl an Informationen. Damit sind wir alle – sowohl Verbraucher als auch Unternehmen – Datenquelle und Datennutzer zugleich. Dieser Sachverhalt macht Datenschutz und Digitalisierung für mich zu brandaktuellen und vor allem sehr lebensnahen und deshalb spannenden beruflichen Themen.

Waren die Konsumenten in den vergangenen Jahren zu leichtsinnig und freizügig im Umgang mit ihren Daten?

Um mit ihren Daten freizügig oder auch leichtsinnig umgehen zu können, müssten Konsumenten die technischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge kennen und verstehen. Doch genau das ist das Problem: Eben diese Kenntnisse hatten viele bisher nicht. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert, wobei die „digitale Aufklärung“ immer besser wird – dem Internet und den Medien sei Dank. Die mediale Aufklärung hat viele Verbraucher inzwischen für das Thema Datenschutz sensibilisiert und ihnen aufgezeigt, dass und wie sie überhaupt mit ihren Daten umgehen können beziehungsweise welche Bedeutung der Umgang mit personenbezogenen Daten für sie selbst oder auch für andere haben könnte und welche Vorteile sowie Risiken sich daraus ergeben. Welche und wie viele Daten man von sich preisgibt, ist daher eine Abwägung, die jeder für sich selbst vornehmen muss. Um diese wichtige Entscheidung treffen zu können, sollte die Vermittlung fundierten Wissens oberste Priorität haben, und nicht die bevormundende Bewertung etwaiger Freizügigkeit.

Sind die Datenschutzgrundverordnung und die ePrivacy-Verordnung die richtigen Mittel, um der Sammelwut der großen amerikanischen Plattformen Herr zu werden?

Grundsätzlich ist das Sammeln von Daten nichts Schlechtes. Die Frage ist nur, ob das transparent und kontrollierbar geschieht. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass Daten verdeckt erhoben wurden oder dass Betroffene die Löschung beziehungsweise weitere Verarbeitung ihrer Daten weder kontrollieren noch verhindern konnten. Hier ist die DSGVO sicher ein guter Schritt in die richtige Richtung – vor allem deshalb, weil sich auch nicht-europäische Unternehmen an die Datenschutzgrundverordnung halten müssen, wenn sie ihre Dienste europäischen Verbrauchern anbieten. Insofern haben wir ein „level playing field“, eine rechtliche Basis, an die sich alle Unternehmen halten müssen. Interessant ist nun, ob diese Regelungen auch gegenüber Nicht-EU-Unternehmen durchsetzbar sein werden. Zudem scheint mir der Wunsch strenger Datenschützer nach mehr Einwilligungen eher in die Hände der großen registrierungspflichtigen Plattformen zu spielen. Diese haben bereits eine vertragliche Beziehung zu ihren Nutzern und können deren Einwilligung darum schnell und unkompliziert abfragen. Registrierungsfreie, insbesondere rein werbebasierte Onlinedienste haben hier eindeutig das Nachsehen.

Der Skandal um Facebook und Cambridge Analytica hat kürzlich von sich reden gemacht. Wie schätzen Sie die Situation ein?

Ich will gar nicht ins Detail gehen, ob und wie die Datennutzung in diesem Fall rechtmäßig war oder nicht. Im Ergebnis ist das sogar egal. Der Fall zeigt nämlich eines sehr deutlich: Wenn sich Unternehmen nicht um das Thema Datenschutz kümmern, kann ein Datenschutzskandal dessen Ruf massiv und fundamental beschädigen – zumal die Konkurrenz in den Startlöchern wartet, um dann links zu überholen.

Hand aufs Herz: Was tun Sie selbst, um Ihre Daten zu schützen?

Die Nutzung von Virenprogrammen und Firewalls, eine SD-Karten-Verschlüsselung, eine Log-Screen-Sperre auf dem Handy, der Gebrauch unterschiedlicher Passwörter und so weiter sind eher einfache Maßnahmen, die ich ergriffen habe, um meine Daten vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Ansonsten mache ich genauso so viel, dass es für mich nicht anstrengend wird, mich um den Schutz meiner Daten zu kümmern. Bequemlichkeit ist ein wichtiger Mehrwert, der nicht nur bei interessanten Onlinediensten eine wichtige Rolle spielt, sondern auch beim Datenschutz. Daher wird Datenschutz als Produkt oder Feature zukünftig sehr relevant werden. Daten zu schützen, wird meines Erachtens zwar kein Alleinstellungsmerkmal für Unternehmen sein, weil sich alle an die Gesetze halten müssen. Ich bin aber davon überzeugt, dass Unternehmen, die den Nutzern den Schutz der eigenen Daten in Form von sehr bequemen und einfach verständlichen Diensten oder Funktionen anbieten, zukünftig das Rennen machen werden.

Weitere Informationen zur aktuellen Situation der ePrivacy-Verordnung, zu den sich daraus ergebenden Veränderungen des Online-Werbemarkts sowie nützliche Empfehlungen für Werbetreibende, um zukünftig rechtssicher zu agieren und crossmediale Werbebotschaften in der Zielgruppe der B2B-Entscheider zu platzieren, liefert der Leitfaden „ePrivacy-Verordnung: Konsequenzen und Strategien für Werbetreibende und wie Unternehmen B2B-Entscheider zukünftig erreichen“. Der Leitfaden steht hier zum Download bereit.

Dr. Jana Moser berät als selbstständige Einzelanwältin an der Schnittstelle zu Daten, Innovation und Regulierung und gibt Rat insbesondere zu datenbasierten digitalen Geschäftsmodellen.
 
Sie war zuvor als Syndikusanwältin und Datenschutzbeauftragte bei der VZnet Netzwerke Ltd. (studiVZ), einem vormals beliebten sozialen Online Netzwerk in Deutschland, tätig, bevor sie in die Rechtsabteilung der Axel Springer SE wechselte und dort in allen Fragen des Datenschutzrechts sowie des IT-Rechts beriet. Bis zu ihrer Selbstständigkeit leitete sie schließlich bei der Axel Springer SE als Head of Data Innovation mit dem Fokus auf Strategie und Wirtschaft ein konzernübergreifendes Projekt zur Nutzung von Kundendaten. Außerdem beriet sie das konzerninterne Team rund um das digitale Produktportfolio unter besonderer Berücksichtigung von Datenschutzgesetzen und bewertete neue digitale Trends und Innovationen.

Christian Schmitt
Christian Schmitt
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