Warum ist Nachhaltigkeit für VAUDE kein reiner Marken-USP?

#SustainableMarketing sollte keine einmalige Maßnahme sein, denn es „funktioniert” nur, wenn es alle im Unternehmen leben. Davon ist Manfred Meindl, Marketingleiter bei VAUDE, überzeugt. Im Interview schildert er, dass die Mitarbeitenden beim Hersteller für Outdoor-Produkte nicht über Nachhaltigkeit an sich nachdenken, weil sie für alle im Unternehmen selbstverständlich und überall verankert ist.


Warum und wie VAUDE immer nachhaltig agiert | Haufe Group
© VAUDE

Lieber Herr Meindl, nicht nur Sie persönlich engagieren sich im Bereich Nachhaltigkeit, auch für VAUDE ist nachhaltiges Unternehmertum sehr wichtig. Warum ist das so?

Ich möchte mit einer Gegenfrage antworten: Warum ist Nachhaltigkeit vielen Unternehmen nicht wichtig? Ich persönlich bin davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit kein Marken-USP sein darf, sondern unternehmerisches Selbstverständnis sein sollte. Alles, was wir tun, ist dem Credo „Planet – Mensch – Profit“ untergeordnet. Diese drei Faktoren müssen immer in Balance sein – immer und überall. 

VAUDE war der erste Sportartikelhersteller, der seit 2001 nach dem ökologischen Bluesign-Standard produziert. Und nachdem die Geschäftsführung 2009 vom Gründer Albrecht von Dewitz auf dessen Tochter Antje übergegangen ist, bekam Nachhaltigkeit einen noch höheren, umfassenderen Stellenwert. Antje wollte ursprünglich für NGOs arbeiten, hat dann aber erkannt, dass sie als Unternehmerin mehr bewirken kann. VAUDE achtet in allen Bereichen auf Fairness, Transparenz und Ökologie. Und wir fahren sehr gut damit. Nachhaltigkeit ist für uns kein CSR-Thema, sondern der Grundstein unseres Erfolgs. Wir übernehmen Verantwortung für unser Tun – aus Überzeugung.

Vielen Dank für diesen Exkurs. Was denken Sie, warum sind andere Unternehmen nicht bereit, diesen Weg einzuschlagen?

Viele denken, nachhaltig zu wirtschaften, sei teurer. Wir zeigen, dass das nicht so ist. Nachhaltigkeit per se ist weder aufwendig noch kostspielig, jedoch kann es der Weg hin zu einem nachhaltigen Unternehmen sein. Aber unter uns: Irgendwann müssen die Firmen doch mal damit starten, ihre Prozesse dahingehend zu transformieren. Und die Politik beginnt endlich damit, Druck zu machen, man denke nur an das Lieferkettengesetz, das den Schutz der Menschenrechte innerhalb von Supply Chains verbessern soll. Oder die CSR-Richtlinie, die Unternehmen ab einer gewissen Größe unter anderem dazu verpflichtet, die Wirkung von Nachhaltigkeitsaspekten auf ihre Wirtschaftlichkeit zu dokumentieren. Wir erfüllen die Vorgaben beider Gesetze bereits seit langem auf freiwilliger Basis: Wir auditieren unsere Lieferkette seit vielen Jahren, wir wählen unsere Materialien und Partner sehr sorgfältig aus, wir begegnen allen Menschen mit Respekt und auf Augenhöhe.

Wie schlägt sich dieses nachhaltige Selbstverständnis im Marketing nieder?

Da Nachhaltigkeit in der DNA aller Mitarbeitenden fest verankert ist, sind wir auch im Marketing „zwangsläufig” nachhaltig. Wir waren die erste Outdoor-Marke, die den werblichen Fokus nicht mehr auf Ausstattung für Wandern oder Skifahren gelegt, sondern die nachhaltige Produktion in den Mittelpunkt der Kommunikation gerückt hat. Wir haben gezeigt, dass nachhaltige Produkte hochfunktional sein können – und das zu konkurrenzfähigen Preisen. Auch in dem, was ich mit meinem 50-köpfigen Marketingteam tue, hat Nachhaltigkeit oberste Priorität. Wir wägen jede Maßnahme dahingehend ab, ob sie nachhaltig ist. Das beginnt bei Giveaways, auf die wir verzichten, weil sie per se nicht nachhaltig sind, sondern zumeist einen Haufen Müll erzeugen. Und geht weiter bei der Teilnahme an Leitmessen.

Bei solchen Veranstaltungen entsteht so viel Abfall. Man denke nur an die Stände, die für ein Event produziert werden und anschließend meistens im Müll landen. Das muss nicht sein. Wir verwenden seit zehn Jahren denselben Stand. Er besteht aus nachhaltig produzierten Modulen, die wir immer wieder neu zusammensetzen. Diese Idee stammt nicht von mir oder der Geschäftsführung, sondern geht auf eine Initiative der Mitarbeitenden zurück. Alle machen sich jederzeit Gedanken darüber, wie wir noch nachhaltiger werden können. Wir lagern die Module in Folie verpackt. Ist der Stand aufgebaut – übrigens ganz ohne PVC-haltigen Teppichboden –, werfen wir die Folie nicht weg, sondern rollen sie sorgfältig auf. So können wir den Stand nach dem Abbau wieder mit derselben Folie vor Schmutz und Beschädigung schützen.

Das sind zwei tolle Beispiele. Gibt es weitere Marketingmaßnahmen, die VAUDE nachhaltig umsetzt?

Kataloge und Prospekte sind für uns ein Reizthema. Manche Firmen verzichten komplett auf papierbasiertes Marketing und fokussieren sich stattdessen ganz auf digitale Maßnahmen. Ich finde, damit lügen sich Unternehmen in die Tasche. Denn digitales Marketing verbraucht Unmengen an Strom. Darum haben wir uns für einen Mittelweg entschieden: Fürs analoge Marketing verwenden wir ausschließlich recyceltes Papier. Und im Online-Marketing, etwa wenn wir Display-Banner schalten, messen wir, wie viel Strom eine Anzeigenkampagne verbraucht, und kompensieren dies entsprechend. Das gilt übrigens auch für die Produktion von Videos und dergleichen. Und noch eine Sache, die selbst für Verbraucher einfach umzusetzen ist: Öffentliche Verkehrsmittel nutzen, Flüge vermeiden, mit dem Rad zur Arbeit fahren und so weiter. Bei all diesen Beispielen handelt es sich um einfache Maßnahmen, die auch andere Unternehmen umsetzen könnten – wenn sie denn nur wollten.

Wie reagieren andere Firmen auf die Vorreiterschaft, die sich VAUDE in den vergangenen Jahren erarbeitet hat?

Anfangs wurden wir belächelt und mit unseren Ambitionen nicht ganz ernstgenommen. Mit Patagonia gibt es eine zweite Outdoor-Marke, die einen ähnlichen Kurs wie VAUDE fährt. Wir waren die verrückten Weltverbesserer, heute spricht sogar unsere Konkurrenz über unsere Erfolge. Und die Trendforschung zeigt: Immer mehr Konsument*innen erwarten, dass Firmen soziale, gesellschaftliche und ökologische Verantwortung übernehmen. VAUDE ist zum Beispiel Vorreiter, was das Sourcing nachhaltiger Materialien angeht. Hier wirken unsere Aussagen definitiv in die Branche hinein. Da es zunächst kein offizielles Siegel für nachhaltige Produkte gab, haben wir mit „Green Shape“ unser eigenes Label geschaffen. Es basiert auf strengsten Standards und gilt inzwischen als sehr vertrauenswürdig. Daneben unterstützen wir die „Science Based Targets Initiative“ (SBTI), die sich dafür einsetzt, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen – und zwar anhand wissenschaftlich fundierter Ziele, die Unternehmen dann in umsetzbare Maßnahmen überführen. Wir haben für VAUDE Zielwerte definiert, die wir regelmäßig auditieren. Als glaubwürdige Expert*innen für Nachhaltigkeit beraten wir sogar Handelsunternehmen und andere Organisationen, wie sie ihre Transformation in diese Richtung angehen können.

Gibt es verwandte Themen, für die sich VAUDE ebenfalls engagiert?

Uns ist es extrem wichtig, uns zu gesellschaftlichen oder gar politischen Themen zu äußern. Wir zeigen Haltung. Unsere Geschäftsführerin Antje von Dewitz ist zum Beispiel als Kolumnistin für „Der Spiegel“ und „manager magazin“ aktiv. Daneben war und ist VAUDE mit meinungsstarken Artikeln in der „New York Times“, der „NZZ“ und dem „Handelsblatt“ vertreten – allesamt Publikationen, die üblicherweise über deutlich finanzstärkere Unternehmen berichten. Indem wir Stellung beziehen, vergrößern wir unsere mediale Reichweite enorm – und schärfen zugleich unsere Marke.

Gefällt allen, was VAUDE im öffentlichen Diskurs äußert?

Natürlich nicht. Shitstorms planen wir fest ein. Es gibt sogar immer wieder Boykott-Aufrufe. All das perlt an der Marke VAUDE ab und stärkt sie sogar – einfach, weil wir glaubwürdig und konsistent in dem sind, was wir tun. Wir sind auf etwaige Angriffe gut vorbereitet – mit Daten, Zahlen, Fakten und einer ausgearbeiteten Kommunikationsstrategie. Wir bereiten ein kritisches Thema vorab gründlich auf, bevor wir damit an die Öffentlichkeit gehen. Wir überlegen genau, welche Botschaft wir in welchem Kanal zu welcher Zeit veröffentlichen – und mit welchen Argumenten wir auf negative Kommentare reagieren können. Inzwischen wissen wir bei VAUDE die Vorteile einer derartigen Haltungskommunikation sehr zu schätzen. Und – ganz nebenbei – sind die Mitarbeitenden heute sehr viel resilienter. Wenn man verinnerlicht, dass an der Diskussion mit einem Troll in den Social-Media auch die eigene Zielgruppe partizipiert, erhöht das die Stressresistenz ungemein.

Lieber Herr Meindl, wir danken Ihnen ganz herzlich für die interessanten Einblicke und Ihren Mut, unbequeme Themen anzusprechen.

Manfred Meindl arbeitet seit 2010 bei der Outdoor-Marke VAUDE. In seiner Verantwortung liegen die Marketingleitung sowie die gelungene digitale Transformation des Familienunternehmens, das für seine nachhaltige Ausrichtung bekannt ist. Dabei ist er mit seinem Team für die erfolgreiche Markenpositionierung, die ganzheitliche Kommunikation, Sponsoring und Events sowie für die Produktvermarktung in den internationalen Märkten verantwortlich. Manfred Meindl wurde nicht nur als Marketingkopf des Jahres 2022 ausgezeichnet, er war auch Juror beim Marken-Award 2022 und dem Marketing4Future Award 2022. Der aus Innsbruck stammende Outdoor-Freak ist leidenschaftlich gerne in den Bergen unterwegs, beim Wildwasserkajaken, Trailrunning, Bergsteigen, Biken und Klettern. 

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Klaus Sturm
Klaus Sturm
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