#FEHLERausradieren: Warum führen Googles KI-Algorithmen zuweilen auf die falsche Fährte?

Google ist für viele Dreh- und Angelpunkt ihres Online-Marketings – auch im B2B. Dabei passieren unweigerlich Fehler – zwangsläufig und unverschuldet. Warum das so ist, wie er damit umgeht und warum #FEHLERausradieren für das #BESSERwerden unverzichtbar ist, schildert Tilo Ferrari, Vorstand der Deutsche Interim AG, im Interview.


#FEHLERausradieren: Warum passieren im Online-Marketing Fehler? | Haufe Group
© Tilo Ferrari

Herr Ferrari, als CEO eines Dienstleisters, der auf die Vermittlung von Interim-Managern spezialisiert ist, bewegt sich Ihr Unternehmen in einem besonderen Umfeld. Worin genau besteht Ihr Service?

Ja, unser Markt ist in der Tat begrenzt. Es gibt in Deutschland rund 10.000 bis 14.000 Fach- und Führungskräfte, die als selbstständige Interim-Manager aktiv sind. Wir arbeiten mit rund 2.500 von ihnen zusammen, das heißt, wir vermitteln ‛unsere Manager’ an Unternehmen mit entsprechendem Bedarf. Man könnte sagen, wir fungieren für die freiberuflichen Manager als indirekter Vertriebskanal. Es geht darum, Nachfrage zu generieren – und zwar nicht nach uns selbst, sondern nach den Führungskräften. Die Beweggründe, aus denen Unternehmen auf uns zukommen, können ganz unterschiedlich sein: Manche müssen einen kurzfristigen Personalausfall kompensieren, etwa aufgrund einer Kündigung oder längeren Krankheit. Andere befinden sich ganz plötzlich in einer unvorhergesehenen Situation, weil zum Beispiel ein wichtiger Key-Account weggebrochen ist. Oder es braucht für einen gewissen Zeitraum ganz spezielles Experten-Know-how, wie es im Falle von Unternehmenszusammenschlüssen oder Re-Organisationen häufig der Fall ist.
Wenn es den betroffenen Firmen mit eigenen Mitteln nicht gelingt, einen geeigneten Manager zu finden, kommen wir ins Spiel.

Wie machen Sie Unternehmen auf Ihre Dienstleistung aufmerksam?

Ohne Online-Marketing geht es heutzutage natürlich nicht. Dabei stehen die Manager, mit denen wir zusammenarbeiten, im Mittelpunkt aller Maßnahmen. Wir helfen ihnen dabei, sich selbst zu vermarkten. Wir sind bestrebt, jeden Einzelnen – samt seiner fachlichen Kompetenzen, seiner individuellen Qualifikation, seines beruflichen Werdegangs und seiner zeitlichen Verfügbarkeit – bestmöglich sichtbar zu machen und ihn so dabei zu unterstützen, Unternehmen als Kunden zu gewinnen. Dabei hat sich das Inbound-Marketing beziehungsweise Content-Marketing als besonders wirkungsvoll erwiesen.

Wie gehen Sie das Content-Marketing in der Praxis an? Immerhin haben Sie es sich zur Aufgabe gemacht, rund 2.500 Manager zu vermarkten. Da ist es mit Standard-Inhalten nicht getan, oder?

Ja, das stimmt. Es ist praktisch unmöglich, überzeugende Inhalte zu erstellen, die auf die einzelnen Manager und ihre jeweiligen Spezifika individuell zugeschnitten sind. Das würde ja Tausende Stunden dauern. Nein, wir haben vor einiger Zeit einen anderen Ansatz ausprobiert. Und sind damit – ehrlich gesagt – ziemlich auf die Nase gefallen.

Worum geht es? Und was haben Sie falsch gemacht?

Nun, wir dachten, es sei eine gute Idee, Anzeigen komplett durch Google schalten zu lassen. In der Praxis hat das so funktioniert: Unsere Interim-Manager haben Projektberichte verfasst, die wir auf unserer Website veröffentlicht haben. Auf Grundlage von künstlicher Intelligenz hat Google dann Ads automatisch erstellt und optimiert ausgespielt. Parallel haben wir Ziele definiert und Hypothesen formuliert. Man muss schließlich wissen, woran man den Erfolg oder Misserfolg einer Maßnahme festmachen will. Zunächst waren wir völlig begeistert. Die festgelegten Leistungsparameter waren allesamt sehr gut – allen voran die Click-through-Rate (CTR), die sich signifikant verbessert hat. Wir konnten also davon ausgehen, dass die Anzeigen für unsere Zielgruppe relevant waren. Doch dann haben wir uns die Daten im Detail angeschaut. Und uns ist es wie Schuppen von den Augen gefallen.

Warum? Was war passiert?

Wir hatten zum damaligen Zeitpunkt rund 400 Berichte auf unserer Webseite veröffentlicht. Doch die automatisch generierten Anzeigen haben in nur zwei Fällen gut funktioniert. Diese beiden Anzeigen und einige wenige Keywords haben rund 80 Prozent des gesamten Traffics geliefert. Die übrige Mehrzahl der Anzeigen und Keywords, die Google KI-basiert erstellt und definiert hat, hat offensichtlich weder unser Portfolio widergespiegelt noch zur Suchintention der Nutzer gepasst. Ein sehr ernüchterndes Ergebnis.

Was haben Sie aus diesem Rückschlag gelernt? Wie sind Sie damit umgegangen?

Das größte Learning war, dass wir unsere Anzeigen doch lieber selbst verfassen. Auch wenn es hier noch Luft nach oben gibt, spüren wir bereits positive Effekte. Mitgenommen haben wir auch die Erkenntnis, dass die CTR nur die halbe Wahrheit ist. Es braucht vielmehr eine ganze Reihe an geeigneten Kennzahlen und realistische Ziele. Dabei sind die KPIs, die Ziele und die genutzten Tools regelmäßig kritisch zu hinterfragen. Sind die Ziele noch die richtigen? Bilden die Kennzahlen die anvisierte Zielstellung ab? Setzen wir noch die passenden Lösungen ein? Nur so ist es möglich, Anpassungen bedarfsgerecht vorzunehmen und Maßnahmen passgenau auszurichten.

Das heißt, Sie haben Google die Macht über Ihre Inhalte schlussendlich entzogen?

In Bezug auf die automatische Anzeigenschaltung haben wir das in der Tat. Doch den Einfluss von Google zu begrenzen – das ist schlicht und ergreifend unmöglich. Wir alle sind von Google abhängig, ob uns das gefällt oder nicht. Der Google-Algorithmus verändert sich ständig. Und dem sind wir zunächst hilflos ausgeliefert, so fatalistisch das klingen mag. Fehler passieren – und zwar ohne, dass Sie, ich, wir alle etwas dagegen tun können. Im Google-Kontext ist die Wahrheit immer nur relativ, sie ist gültig bis zum nächsten Algorithmus-Update. Ein Beispiel: Nach dem letzten Update ist unsere Sichtbarkeit deutlich gesunken. Unsere Suchmaschinen-Position hat sich aufgrund veränderter Rankingfaktoren verschlechtert. Darauf müssen Unternehmen vorbereitet sein, damit müssen sie umgehen können. Und hierfür braucht es einen offenen Umgang mit Rückschlägen und eine gelebte Fehlerkultur.

Was haben Sie getan, um diesen unverschuldeten Fehler zu beheben?

Wir überprüfen regelmäßig, wie sich bestimmte Anpassungen auswirken. Das hat viel mit Trial-and-Error zu tun. Im obigen Beispiel war die Verschlechterung unseres Rankings auf den Page-Speed zurückzuführen. Wir haben hier und da etwas verändert, um die Ladegeschwindigkeit zu erhöhen. Und siehe da, diese Maßnahme wirkt sich positiv auf unser Ranking in der Trefferliste aus. Daran, dass wir von Algorithmen abhängig sind, können wir nichts ändern. Was wir ändern können, ist unser Umgang damit. Eine Marketingstrategie als heiligen Gral zu betrachten, der allen Widerständen trotzt, wäre ein großer Fehler. Es gilt, auf die äußeren Umstände agil und flexibel zu reagieren. Denn – seien wir mal ehrlich: Was zu tun ist, gibt uns Google vor. Fehler passieren, das ist im Google-getriebenen Online-Marketing unvermeidlich. Und hier betone ich noch einmal. Der Erfolg steht und fällt mit den Zielen, die sich mit der Zeit verändern MÜSSEN – und zwar sowohl, was ihre Quantität als auch ihre Qualität betrifft. Ich verwende hier gern eine Bergsteiger-Metapher: Die Quantität ist das Tempo, in dem ein Bergsteiger den Gipfel als qualitatives Ziel erklimmt.

Wie lässt sich dieses Bild auf das Online-Marketing übertragen?

Wir müssen akzeptieren, dass wir uns im Rahmen von Abhängigkeiten bewegen, auf die wir keinen Einfluss haben. Dennoch müssen wir verstehen, welche Mechanismen ihnen zugrunde liegen. Um im Beispiel zu bleiben: Das Update ist ein aufziehendes Gewitter, das den Bergsteiger unvorbereitet überrascht. Er wird bei seinem Aufstieg zum Gipfel empfindlich gestört. Dennoch kann er nichts dagegen tun. Selbst die beste Regenkleidung ändert nichts daran, dass er im Zweifel einen Schritt zurückgehen und auf besseres Wetter warten muss. Erkennen zu müssen, dass es keine perfekten Lösungen gibt, sondern nur solche, die für einen gewissen Zeitraum funktionieren, kann zermürbend sein. Trotzdem müssen wir lernen, das Beste daraus zu machen. Content-Marketing und Suchmaschinenoptimierung sind keine bis ins kleinste Detail planbaren Einmal-Projekte. Fehler sind aufgrund der beschriebenen Abhängigkeiten vorprogrammiert. Umso wichtiger ist es, Strategien und Mechanismen zu etablieren, die es erlauben, Fehler schnell zu erkennen und zügig darauf zu reagieren. Es gilt, die richtige Maßnahme zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle durchzuführen. So sind Unternehmen bestens gewappnet, um nicht den Überfehler schlechthin zu begehen: Zu denken, dass eine bewährte Marketing-Maßnahme auch zukünftig funktionieren wird. Das Marketing muss sich immer wieder neu erfinden.

Herr Ferrari, wir danken Ihnen ganz herzlich für Ihre offenen Worte!
 

Tilo Ferrari ist Gründer und CEO der Deutsche Interim AG, die Interim-Projekte mit selbstständigen Fach- sowie Führungskräften besetzt und Unternehmen bei Personal-Engpässen und Transformations-Prozessen hilft. Der Diplom-Betriebswirt und Wirtschaftsinformatiker ist dem Interim-Management seit über zehn Jahren eng verbunden, zunächst als Vertriebsleiter der Management Angels in Frankfurt, später als deren Geschäftsführer und Gesellschafter. Diese Position bekleidete er bei der Schweizer Holding Magnalia AG. Tilo Ferrari engagiert sich ehrenamtlich als Beirat des Intra-Labs für mehr Intrapreneurschip in der Sozialwirtschaft.

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Bernd Junker
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